England (London)
Nussbaum
zweite Hälfte 18. Jahrhundert
Maße: H x B x T: 251 x 48 x 24 cm
Beschreibung:
Wunderschöne und ganz außergewöhnliche Standuhr mit aufwendigen Komplikationen und sehr dekorativem Zifferblatt.
Auf Sockelplättchen stehendes Gehäuse in Nussbaum furniert mit Einlagen aus Ahorn und Ebenholz. Der aufwendig gestaltete Kopf mit Rundbogen und mehrstufigem Aufbau ist seitlich verglast und gewährt einen freien Blick auf das Uhr- und Walzenspielwerk.
Das interessant gestaltete Zifferblatt zeigt römische Stundenziffern und arabische 5-Minuten-Schritte im großen versilberten Zifferring. Zusätzlich gibt es fünf kleinere Hilfszifferblätter für die Sekunden, die Wochentage und die Monate sowie für das An- und Abstellen des Schlagwerkes und des Musikspielwerkes. Das Datum wird in einem kleinen Sichtfenster unterhalb des mittleren Aufzugloches angezeigt.
Oben im Rundbogen sehen wir die wunderschön gemalte Mondphase, das Mondalter und eine Skala zum Einstellen des Musikspielwerkes. Es kann zwischen 12 verschiedenen Melodien ausgewählt werden: Mars van Generaa - Niewe Gavott - Mars van P Eugeen - Menuet - Niewe Merliton - Menuet - Hollanse Vrouw - Oude Merliton - Morgen Liedt - Air - In den Vorst - Mars van K Georgie.
Die gebläuten Stahlzeiger heben sich sauber ab von den feuervergoldeten, reliefierten Hintergrundflächen und von der schwarzen Schrift auf silbernem Grund.
Im Kasten schwingt das Messingpendel hinter den drei Gewichten, die Gehwerk, Schlagwerk und Musikspielwerk antreiben. Bei vollem Aufzug läuft die Uhr etwa 8 Tage lang.
Das Walzenspielwerk löst halbstündlich aus und schlägt mit 26 Hämmern auf 14 Glocken. Die Hämmer werden von den in der Walze eingeschlagenen Stiften bedient, die Walze kann den 12 Melodien entsprechend axial in 12 verschiedene Positionen verschoben werden.
Zwei zusätzliche große Glocken schlagen zur halben und zur vollen Stunde.
Wissenswertes:
Es ist davon auszugehen, dass die Uhr in London gefertigt wurde und für den Export in den niederländischen Markt vorgesehen war. Dafür spricht neben den in englischer Manier ausgeführten Hilfszifferblättern, die teilweise in englischer Sprache graviert sind, und den aufgerauhten, vergoldeten Hintergründen auch die Tatsache, dass alle Minutenziffern zur Mitte ausgerichtet sind, dass es keinen Wecker und keinen Viertelstundenschlag gibt und die Art und Weise der Montierung der Walze des Musikspielwerkes.
In der Entstehungszeit dieser Uhr war es nicht unüblich, dass englische Uhrmacher in den Niederlanden in die Lehre gingen und umgekehrt. Und so sind heute einige Uhren bekannt, die stilistisch in die Niederlande verortet werden aber eine englische Signatur tragen - und auch das Gegenteil ist möglich: englische Uhren mit einer niederländischen Signatur.
Die in England für den Export gebauten Uhren wurden mehr oder weniger stark an den niederländischen Geschmack angepasst und oft wurden die Tages- und Monatsscheiben bereits in England in niederländischer Sprache graviert. Besonders kurios ist, dass einige dieser Uhren England offenbar nie verlassen haben.
Jan Zeeman zeigt in seinem Buch De Nederlandse Staande Klok auf Seite 436 ein mit „Allen Walker - London“ signiertes Zifferblatt, auf dem alle möglichen niederländischen Merkmale zu sehen sind. So sind die Namen der Tage und Monate in niederländischer Sprache graviert, die Minutenziffern von 20 bis 40 sind gedreht und auch die Schaltung des Musikspielwerkes ist ganz ähnlich wie bei der hier angebotenen Uhr.
Eine für den englischen Markt angepasste Uhr in typisch niederländischer Manier aber mit englischer Beschriftung wurde 1735 von Audouin in London gebaut (vgl. Derek Roberts - Die englische Standuhr S.144).
Ein Beispiel für eine weitere Uhr mit Musikspielwerk, diesmal für den deutschsprachigen Markt, ist von Henry Smith um 1770, ebenfalls in London, gefertigt worden (vgl. John Robey - The Longcase Clock Reference Book Vol. 1 S.331).
Generell ist es interessant zu sehen wie der internationale Handel in der Uhrmacherei seiner Zeit weit voraus war. In England, Frankreich und den Niederlanden gab es regelrechte Zuliefererbetriebe für Uhrwerksteile, für Glocken, ja sogar für ganze Zifferblätter. Und schon im 18. und 19. Jahrhundert gab es Produzenten für günstige, auf den internationalen Handel ausgelegte Uhren - man denke z.B. an die deutschen Schwarzwalduhren und die französischen Comtoise-Uhren, denen die Londoner, Pariser und Amsterdamer Uhren wohl in ihrer Qualität, sicher aber nicht im Preis entgegenstehen konnten.
Zustand:
Sehr schöner Zustand von Gehäuse und Uhrwerk. Das Werk wurde komplett zerlegt und von Grund auf gereinigt. Die Uhr läuft absolut zuverlässig und ganggenau, alle Komplikationen funktionieren einwandfrei.
Preis: Diese Standuhr ist bereits verkauft. In Qualität und Zustand vergleichbare Objekte liegen preislich bei etwa 15000,-€ bis 20000,-€.
Es gibt einige gute Vergleichsbeispiele zu dieser Uhr. Ich empfehle Ihnen die folgende Literatur:
Jan Zeeman - De Nederlandse Staande Klok S.229 und S.436
Derek Roberts - Die englische Standuhr S.144
John Robey - The Longcase Clock Reference Book Vol. 1 S.331
Artikel gefunden unter: Uhren
Schweden
Birke
Mitte 19. Jahrhundert
Schweiz
Messing vergoldet
Baujahr 1979
Brüssel
Mahagoni
Empire um 1810